Foggia: Dem Liebeskummer davonfahren?
„Manchmal braucht es einen überwältigenden Zusammenbruch, um einen großartigen Durchbruch zu haben.“
Unbekannt
Nachdem ich die Beziehung mit meinem polnischen Freund beendet habe, falle ich in ein Loch. Der Besuch in Foggia soll mir dabei helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Denn momentan verlasse ich mit Müh und Not das Bett. Mein Essen besteht aus Nudeln mit Mayo sowie Ketchup. Außerdem habe ich mich dazu aufgerafft einen Kuchen zu backen. Natürlich mit Schuss – meine Wahl fiel auf Baileys.
Was ist schlimmer als Liebeskummer? Liebeskummer alleine in Italien. Deshalb habe ich mich aus lauter Verzweiflung auch mal flugs auf Tinder angemeldet, obwohl ich eher der analoge Dating-Typ bin. Wenigstens bekomme ich dadurch noch mehr Übung bei der Kommunikation auf Italienisch. Eines Abends reagiere ich mich zudem beim Sport Zuhause ab. Das hilft kurzfristig.
Allerdings habe ich vergessen, dass hier nachts das Wasser abgestellt wird. Die Leitungen sind für Regenfälle in den Bergen nicht gerüstet, sodass das eine präventive Maßnahme ist. Es kommt, wie es kommen muss: Irgendjemand beschließt das Leitungswasser schon um acht Uhr zurückzuhalten. Das Resultat? Ich stehe in meiner Dusche und übergieße mich mit dem Wasser aus der Trinkkaraffe. Denn verschwitzt möchte ich nun wirklich nicht ins Bett.
Meine Hoffung liegt auf Foggia
Da ich seit Tagen das Haus nicht mehr verlassen habe, tue ich, was ich am besten kann – ich stürze mich in Arbeit und plane eine Reise. Urspünglich wollte ich mit dem Auto nach Rom fahren, doch mir ist der Vekehr von Neapel noch lebhaft in Erinnerung. Am Ende bekomme ich mitten in der italienischen Hauptstadt noch einen Nervenzusammenbruch. Deshalb wähle ich das kleinere, und mir vollkommen unbekannte, Foggia aus.
Davor geht es allerdings noch zu den Schluchten von San Martino, die zu einem Nationalpark gehören. Was mir dabei aber entgeht ist folgendes: Die Touristensaison ist vorbei und im Park wimmelt es von wilden Tieren (ich gehe davon aus, dass es Steinböcke oder etwas ähnliches sind). Jedenfalls kenne ich mich mit deren Verhalten überhaupt nicht aus. Außerdem liegen am Boden der Schlucht kopfgroße Steinbrocken, sodass mir der Zugang alleine zu gefährlich ist.
Trotz allem stolz aus dem Haus gekommen zu sein, fahre ich zu meinem Zuhause auf Zeit. Da bin ich erst einmal erstaunt, dass ich die Trennung auf einmal so gut wegstecke. Von Liebeskummer keine Spur. Bis mir mein Exfreund anderthalb Stunden später furchtbar fehlt. Ich stehe gerade im Supermarkt. Eigentlich bin ich nicht der Typ Mensch, der sich betrinkt. Am Ende tue ich es mit einem typischen abruzzischen Likör doch. Dabei schmeckt das Zeug noch nicht mal. Wird Zeit, dass ich nach Foggia komme.
Die Fahrt nach Foggia
Auf dem Weg in die Stadt, die zugleich die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz ist, erwarten mich bereits einige Überraschungen. Zuallererst fällt mir auf, dass die Landschaft in Richtung Foggia immer flacher wird. Auf einmal kann ich gefühlt bis zum Horizont sehen. Das ist nach der Hügellandschaft rund um Piane d’Archi-Quadroni eine willkommene Abwechslung für meine Augen. Gleichzeitig werden die Häuser am Straßenrand immer baufälliger.
An der Fahrbahn stehen junge Frauen mitten im Regen und tanzen. Entgeistert starre ich sie im Vorbeifahren an. Als ein LKW seitlich ran fährt, geht mir ein Licht auf. Anscheinend ist das hier so eine Art Straßenstrich. Die Prostituierten sind in etwa so alt wie ich, wenn nicht sogar jünger. Etwas verstört beschließe ich direkt bis nach Foggia durchzufahren. Dort ist es auf den ersten Blick nicht viel besser. Fast entsteht bei mir der Eindruck, ich sei in Afrika gelandet und nicht in Italien. Überall sehe ich dunkelhäutige Menschen, die exotische Sprachen sprechen. Müde falle ich ins Bett.
Bei Tag in Foggia
Leider sieht die Stadt bei Tag nicht viel besser aus als in der Dämmerung. An historischen Gebäuden gibt es in der Innenstadt nur Kirchen. Von denen habe ich jedoch spätestens seit Neapel nun wirklich genug. Gelangweilt und irgendwie melancholisch schlendere ich durch die engen Gassen. Im Zentrum ist die Hölle los, abseits sehe ich hingegen keine Menschenseele. Es kommt, wie es kommen muss: Ich stürze in einen Buchladen und decke mich dort mal wieder mit Literatur ein. Als ich ein deutsches Buch entdecke, bin ich schwer begeistert.
Ansonsten hält sich meine Laune jedoch in Grenzen. Der Himmel ist grau, genau wie meine Seele (gut, ich gebe zu, dass das jetzt etwas melodramatisch klingt). Vor mir springt auf einmal ein Hund auf den Bürgersteig. Er spielt mit einem Karton und läuft seinem Besitzer immer wieder zielsicher davon. Nach einiger Zeit verschwinden die beiden in einer Spielbank, wo das Hin und Her weitergeht. Jetzt grinse ich doch. Schön, dass das noch geht. Um die Ecke rufen mir zwei dunkelhäutige Männer anzügliche Bemerkungen hinterher mit eindeutigen Gesten. Das erinnert mich gleich an meine Erlebnisse in Athen, sodass ich mich nach dem kurzen Einkauf entschließe, den Tag im Hotelzimmer zu verbringen.
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