Im Herzen von Narbonne

Narbonne – Alles laissez-faire oder was?

„Wer eine Fremdsprache lernt, zieht den Hut vor einer anderen Nation.“

Martin Kessel

Bevor ich mich in Narbonne im Süden Frankreichs mal wieder für eine längere Zeit niederlasse, habe ich mir in den Kopf gesetzt, Marseille zu besuchen. Schließlich liegt das von Italien aus quasi direkt auf dem Weg. Außerdem hat eine Türkin, die ich in einem Hostel in Kalambaka kennengelernt habe, mir eine kostenlose Stadtführung angeboten, da sie bereits seit drei Jahren in Marseille lebt. Praktischerweise scheint sie zudem einen Mechaniker zu kennen, der sich mein erneut ramponiertes Auto ansehen könnte. Es scheint zwar problemlos zu funktionieren, doch bei jeder Fahrt habe ich ein wenig Bauchschmerzen.

Auch als ich die italienische Grenze überquere und nun an der französischen Riviera mit direktem Blick auf das Meer entlangfahre, beunruhigen mich die quietschenden beziehungsweise ratternden Geräusche schon. Zumindest kann ich an der ersten Tankstelle in Frankreich meinen Reifendruck anpassen, davon hatten die Italiener zumindest im ländlichen Raum irgendwie noch nie gehört. Überrascht stelle ich fest, dass in Frankreich eine wesentlich lockere Maskenpflicht gilt. Zwar muss man sie noch in öffentlichen Verkehrsmitteln tragen, doch in Läden oder ähnliches kann ich ganz unbekümmert hineinspazieren.

Die Kathedrale im Herzen von Narbonne
Die Kathedrale im Herzen von Narbonne

Auf dem Weg nach Narbonne: Zwischenstation in Marseille

Sobald ich die französische Grenze überquert habe, stellt sich bei mir eine Art Euphorie ein – Ich kann mal wieder nicht glauben, was ich hier eigentlich tue. Denn einfach ein Jahr aus Deutschland weg zu sein und mehrere europäische Länder zu bereisen, dazu noch mit dem eigenen Auto, ist kein Pappenstiel – sowohl im positiven als auch im negativen Sinn. Letzteres bekomme ich im Stadtverkehr von Marseille zu spüren.

Auf der mehrspurigen Autobahn, die mich mein Navigationsgerät nehmen lässt, herrscht reger Verkehr. Dementsprechend halte ich mich ganz rechts. Trotzdem muss ich aufpassen, dass ich meinem Vordermann bei den abrupten Bremsmanövern nicht zu nah komme. Mein Hintermann scheint dies hingegen nicht so eng zu sehen. Mehrmals bemerke ich, wie er nur Millimeter vor meinem Fahrzeug abbremst. Nach dem dritten Mal fällt es mir schwer zu glauben, dass das ein Zufall ist. Damit ich heil in Marseille und danach in Narbonne ankomme, muss ich diesem Zeitgenossen aus dem Weg gehen.

Promenade inmitten der Altstadt
Promenade inmitten der Altstadt

Kurzentschlossen wechsele ich auf die Überholspur und lasse mich rechts überholen. Zwar keine legale Lösung, aber zumindest bin ich diesen Irren los. Auch in der Seniorenresidenz, in die ich mich einquartiert habe (sie vermieten anscheinend freie Zimmer), fühle ich mich sehr sicher. Dieses Gefühl hält auch bei der Stadtführung mit meiner Bekannten an. Inzwischen ist es dunkel und doch ist die Lage mehr als entspannt. Ich beschließe am nächsten Tag noch ein paar Fotos zu machen. Mit der U-Bahn, die noch lange nicht so kompliziert ist, wie die Metro in Paris, fahre ich zurück zu meiner Unterkunft.

Von der Station aus muss ich noch ein paar Blocks laufen. Dabei wird mir dann doch anders, denn es sind ausschließlich Männer auf der Straße, die in den teilweise schlecht beleuchteten Gassen entlangspazieren. Zum Glück informiere ich mich erst danach, dass mein Viertel noch als sicher zählt, ich allerdings durch ein Problemviertel der Stadt gelaufen bin, das als heißes Pflaster gilt. Bevor ich nach Narbonne aufbreche sehe ich von Marseille jedoch nichts mehr – Ich habe meine Tage und liege hundemüde den ganzen Tag im Bett.

Der erste Eindruck von Narbonne

Die Fahrt nach Narbonne ist vor allem eines – idyllisch. An einem Rastplatz mitten im Grünen beobachte ich einige französische Rentner, die neben zahlreichen Baguettes auch Unmengen an Käse und Wurst verspeisen. Fast könnte man denken, sie hielten ein Festmahl ab. Das ist im Übrigen unter französischen Autofahrern wohl eine gängige Praxis. Wie ich auf diesen Gedanken komme? Ich sehe das ganze Prozedere an nur einem Tag mehrmals.

Sobald Narbonne in Sichtweite kommt, freue ich mich auf mein neues Zuhause. Das Städtchen ist weder besonders groß, noch besonders klein, also gerade richtig für mich. Außerdem strahlt es eine ruhige Gelassenheit aus. Bestimmt treffe ich hier auf das berühmte „laissez-faire“ der Franzosen. Ich springe kurz in einen Supermarkt und beobachte, dass die Ruhe bei der Kommunikation in einer Fremdsprache schnell dahinschmilzt. Der arme Engländer, der sich mit der Obst- und Gemüsewaage abmüht, tut mir schon fast leid. Allerdings kann der auch wirklich gar kein Wort Französisch. Die Fachkraft des Supermarkts bringt jedoch ebenfalls kein einziges Wort auf Englisch heraus.

Auf dem Weg zum 20 Kilometer entfernten Strand
Auf dem Weg zum 20 Kilometer entfernten Strand

Dass die Franzosen in Narbonne durchaus Englisch können, wenn sie wollen, merke ich, als ich vor meiner neuen Wohnung halte. Die Parkplatzsituation ist gelinde gesagt katastrophal. Aufgrund der Tatsache, dass ich seit mehreren Stunden im Auto sitze, noch müde von meiner Periode bin (das ist körperlich anstrengend, man mag es kaum glauben) und die letzte halbe Stunde damit verbracht habe, mich im Labyrinth des Straßenverkehrs von Narbonne zurechtzufinden (wieso macht man diese Baustellen alle auf einen Haufen?), funktionieren bei mir spontan nur noch Deutsch und Englisch.

Womit meine Nachbarin sich auch prompt Mühe gibt, als ich ihr in mehr schlecht als recht zusammengeschustertem Französisch erklärt habe, warum ich sie nicht verstehe. Vorher hatte sie mich wie ein Maschinengewehr zugequatscht. Einige Tage später finde ich mein Auto zerkratzt vor – Es hat wohl jemandem nicht gefallen. Um mich abzulenken, fahre ich erst einmal zur nahegelegenen Abtei Fontfroide und danach an den Strand von Narbonne. Kurz überlege ich, ob ich mich mit meinem Fahrzeug in den Safaripark unweit der Stadt traue. Da ich selbst durch ein Löwengehege fahren würde, bin ich mir noch etwas unschlüssig.

Weitere Impressionen von Narbonne

Ausblick auf die Abtei Fontfroide in der Nähe von Narbonne
Ausblick auf die Abtei Fontfroide in der Nähe von Narbonne
Ein schattiges Plätzchen in der Mittagshitze
Ein schattiges Plätzchen in der Mittagshitze
Innenhof der Abtei Fontfroide
Innenhof der Abtei Fontfroide

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