Lea Hennrich: Budapest Innenstadt

Budapest: Zwischen Schatten und Licht

„Was wäre die Welt, ohne ein wenig Gefahr?“

Lea Hennrich

Nach einer weiteren erholsamen Nacht in Wien breche ich nach Budapest auf. Die ungarische Hauptstadt liegt, verglichen mit der Etappe, die ich zwei Tage zuvor absolviert habe, nur einen Katzensprung entfernt. Noch nicht einmal 300 Kilometer sind es. An der österreichischen Grenze mache ich an einem Rastplatz Bekanntschaft mit einem älteren Herrn aus Ungarn, der mich mit seinem erstaunlich guten Englisch überrascht. Auch die Fahrt an sich verläuft ereignislos, sodass ich genug Zeit habe, die Landschaft um mich herum zu betrachten. In Ungarn erscheint mir alles ein wenig grüner. Vielleicht liegt das an der dortigen Vegetation, eventuell spielt mir meine Psyche auch einfach nur einen Streich. Das einzige, was mir auf der Autobahn negativ auffällt, ist, dass es hier wesentlich mehr Schlaglöcher zu geben scheint.

Um kurz vor 14 Uhr komme ich in der Budapester Innenstadt an. Ich freue mich auf einen entspannten Tag in der Stadt und bin heilfroh, wenn ich endlich aus diesem Gewusel herauskomme. Denn der Verkehr ist wirklich alles andere als förderlich für meine innere Ruhe. Überall befinden sich Baustellen, manche Straßen sind sogar komplett gesperrt. Dann wiederum möchte mich mein Navi erneut auf die Autobahn schicken oder gar in eine stark befahrene Straße. Entgegen der allgemeinen Fahrtrichtung. Ich bin ja vieles, aber lebensmüde bin ich (noch) nicht. Gleichzeitig scheinen die hiesigen Fußgänger darauf zu vertrauen, dass man sie schon nicht umfährt. Als plötzlich eine Familie vor mir auf der Fahrbahn steht, lege ich eine Vollbremsung hin.

Lea Hennrich_Kirche Budapest
Kirche in Budapest

Nach 30 Minuten Fahrhölle habe ich immer noch keinen Parkplatz gefunden. Meine Hoffnung aufgrund meines ausländischen Kennzeichens ein wenig behutsamer behandelt zu werden, erfüllt sich nicht. Zweimal gerate ich mit demselben Autofahrer aneinander, der mir durch sein konstantes Gehupe zu verstehen gibt, dass meine Fahrweise nicht seinen Erwartungen entspricht. Irgendwann reißt mir dann doch die Hutschnur, sodass ich ihm kurz den Mittelfinger zeige. Eine Sekunde später habe ich mich wieder beruhigt und suche in aller Seelenruhe nach einem Parkplatz, den ich schließlich endlich auch finde.

Ein kurzer Eindruck von Budapest: Ambivalent

Im Vergleich zu Wien wirkt Budapest auf mich sehr viel kälter. Außerdem erinnert mich die Atmosphäre ein wenig an bedrohliche Filmszenen. Ihr wisst schon, die, in denen gleich das Ungeheuer um die Ecke springt. Zugleich ist die Architektur wunderschön. Sie erweckt bei mir den Eindruck, dass sowohl nord- als auch südeuropäische Bauelemente bei der Konstruktion berücksichtigt worden sind.

Jedoch erstreckt sich der südländische Aspekt anscheinend ebenfalls auf die allgemeine Sauberkeit sowie die Instandhaltung der Gebäude. Das ganze Ambiente wirkt auf mich irgendwie… abgerissen. Möglicherweise könnte das aber auch nur an den lokalen Lichtverhältnissen liegen. Als ich nach meinem kurzen Rundgang in der Stadt an der Donau herauskomme und die in Sonnenlicht getauchte Promenade entlanglaufe, fühle ich mich nicht mehr ganz so bedrückt. Dort treffe ich auf einen Mann im fortgeschrittenen Alter, der mit Gläsern Musik macht. Ich bin tief beeindruckt.

Musikalische Unterhaltung an der Donau

Im Hinblick auf die Menschen fühle ich mich trotzdem nicht so wohl wie in Österreich. Die Wiener beziehungsweise die Österreicher allgemein sind zwar durchweg höflich, strahlen allerdings zugleich eine gewisse Wärme aus, was nicht nur an der Sprache liegen wird. Alle Leute, die mir in Budapest begegnen, wirken auf mich hingegen extrem reserviert. Vor allem die Blicke sowie das Verhalten der Männer zwischen ungefähr 20 und 50 Jahren sind mir unangenehm. Ich versuche nicht aufzufallen, weil ich das Gefühl habe, dass hier als Frau alleine unterwegs zu sein doch etwas problematischer ist als in Wien. Würde ich länger in Budapest bleiben, bekäme ich mit den machohaften Kerlen höchstwahrscheinlich irgendwann Krach. Das ist allerdings weniger dem Land, sondern vielmehr meinem Naturell geschuldet.

Anschließend gehe ich noch einkaufen. In einem mir vollkommen unbekanntem Land, in dem ich die Sprache nicht spreche. Deshalb halte ich mich zum Herantasten einfach mal an den guten alten Lidl. Den gibt es hier nämlich auch. Am seltsamsten ist für mich aber die Tatsache, dass sich niemand, wirklich keine Menschenseele, um Corona Sorgen zu machen scheint. Nach über einem Jahr Ausnahmezustand in Deutschland, ist die Situation in Budapest für mich fast ein wenig skurril. Nirgendwo muss ich eine Maske tragen, keinen interessiert, ob ich geimpft bin oder einen negativen Test habe. Auf der einen Seite ist das schön, auf der anderen wiederum extrem komisch. An der Kasse kämpfe ich schließlich mit der lokalen Währung. Als ich mit den ungarischen Forint hantiere, fühle ich mich mehr als dekadent. Mehrere Tausender bei einem Einkauf auszugeben erlebt man auch nicht alle Tage. Umgerechnet waren es jedoch noch nicht einmal zehn Euro.

Lea Hennrich: Chicago Pizza in Budapest
Chicago Pizza in Budapest

Meine Ausbeute aus dem Supermarkt ist trotz allem eher mager und für die morgige Fahrt durch Ungarn, Serbien und Nordmazedonien bis nach Griechenland als Proviant gedacht. Dementsprechend habe ich ziemlichen Hunger. Und finde mich in einem amerikanischen Restaurant wieder, wo ich eine Chicago Pizza bestelle. Die Angabe, dass mindestens zwei bis drei Personen davon satt werden sowie den ungläubigen Blick der Kellnerin ignoriere ich. Das bereue ich allerdings, als die Pizza vor mir steht, denn sie ist riesig. Nach gut der Hälfte gebe ich auf. Trotz eines im Endeffekt schönen Abends glaube ich nicht, dass ich in Zukunft weder mit der Stadt noch mit dem Völkchen an sich sonderlich warm werde. Jedenfalls bin ich sehr froh, dass ich morgen früh weiterfahre.

Weitere Impressionen aus Budapest

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