Aussicht über das alte und das neue Perugia

Perugia: Dolce far niente

„Nimm dir jeden Tag die Zeit, still zu sitzen und auf die Dinge zu lauschen. Achte auf die Melodie des Lebens, welche in dir schwingt.“

Buddha

In Ancona haben mir meine Gastgeber eine Fahrt nach Perugia nahegelegt. Sie meinten, die Stadt sei definitiv eher einen Besuch Wert als Pescara, das in der Nähe von Piane d’Archi-Quadroni liegt. Doch bevor ich mich auf den Weg nach Perugia mache, heißt es Abschied nehmen. Besonders vermissen werde ich die örtliche Katzenpopulation, allen voran Twix. Diese Katze hat hartnäckig versucht sich in meine Wohnung zu schleichen. Am Ende wurde sogar penetrant an meiner Tür gekratzt.

Einen Abend vor meiner Abfahrt nach Perugia erlebe ich jedoch eine unschöne Überraschung. Als ich mit meinem Auto die letzten Erledigungen machen möchte, erwartet mich ein Schlachtfeld aus Blech und Lack. Jemand hat mein Fahrzeug als Rammbock benutzt. Oder einfach nicht aufgepasst. Jedenfalls ist mir jemand volle Kanne draufgefahren. Und die entsprechende Person hatte noch nicht einmal den Anstand, einen Zettel dazulassen. Zu meiner Wut gesellt sich Angst. Ob mein Wagen überhaupt noch fahrtüchtig ist? Einer ersten Überprüfung hält er stand, doch er macht seltsame Geräusche und fühlt sich komisch an. Das muss sich bald ein Mechaniker ansehen. Hoffentlich geht solange alles glatt.

Hochbetrieb in der Altstadt von Perugia
Hochbetrieb in der Altstadt von Perugia

Fahrt in das Herz Italiens

Perugia ist die Hauptstadt der Region Umbrien. Bei der Fahrt dorthin entscheide ich mich für mautfreie Straßen, was jedoch sehr viele kurvenreiche Strecken beinhaltet. Das liegt nicht zuletzt an den zahlreichen Kreiseln, für die die italienische Straßenbaubehörde eine Schwäche zu haben scheint. Ob eine kurvige Fahrt mit meinem angeschlagenen Fahrzeug eine gute Idee ist? Das wage ich zu bezweifeln. Doch es geht soweit alles glatt, wenngleich ich mich frage, ob ich momentan mein Glück allzu sehr herausfordere.

Als ich vor einer Ampel bremse, ernte ich wilde Verwünschungen von meinem Hintermann sowie ein wütendes Hupkonzert. Anscheinend hat die Farbe Orange in Italien in diesem Kontext eine andere Bedeutung. Regelmäßig sehe ich nach, wie sich die lädierte Stelle an meinem Auto schlägt – soweit ganz wacker. Ich mute ihm sogar einen kurzen Feldweg zu. Dieser verläuft parallel zur Schnellstraße und führt zu einem idyllischen Kloster. Dort verbringe ich meine kurze Mittagspause während der Fahrt. Zu Essen gibt es trockenes Brot und Karotten. Mehr habe ich gerade nicht zur Hand.

Allee unweit der Altstadt
Allee unweit der Altstadt

In Perugia das italienische Lebensgefühl genießen

Italiener sind angeblich bekannt für ihre Philosophie, die oft als „dolce far niente“ (zu Deutsch: „süßes Nichtstun“) bezeichnet wird. Bisher habe ich selbst davon allerdings erstaunlich wenig gespürt. Entspannung war für mich in Italien bisher nicht im Programm. Das ändert sich in Perugia. Doch erst einmal muss ich mit meinem Gepäck den Hügel zur Altstadt erklimmen. Glücklicherweise gibt es dafür einige Rolltreppen. Fast automatisch passiert noch etwas anderes: Ich verliebe mich unweigerlich in die Architektur dieser Stadt.

Insbesondere die Altstadt von Perugia hat ein ganz besonderes Flair. Leider hilft mir das nicht, um meine Unterkunft zu finden. Kurzerhand frage ich in einer Pizzeria nach. Mein Italienisch ist zwar nach wie vor rudimentär, aber ich werde verstanden. Das zählt. Einige Minuten später, stehe ich auch schon vor meinem Zuhause für die nächsten zwei Nächte. Angeblich soll Galileo Galilei hier geforscht haben.

Video-Installation zur Geschichte von Perugia

Am nächsten Morgen tue ich etwas, das ich in Italien lange hinten anstellen musste: Ich gehe joggen. Danach mache ich mir ein ausgiebiges Frühstück in meinem kleinen Apartment und spaziere in der Stadt umher. Ganz Perugia scheint bei dem schönen Wetter auf den Beinen zu sein. Vor allem die Rocca Paolina unter der Altstadt von Perugia hat es mir angetan. Abgesehen von meinem Spaziergang tue ich heute allerdings: Gar nichts. Ich schnappe mir ein Buch über eine sizialinische Kaufsmannsfamilie, setze mich in einen Park, genieße ab und an die herrliche Aussicht und lese. In Perugia lasse ich mich das erste Mal seit einer ganzen Weile ansatzweise mental fallen.

Weitere Impressionen aus Perugia

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